Staatssekretär Bilger (CDU) über die deutsch-ungarischen Beziehungen und die Krise innerhalb der Union

Herr Staatssekretär, was führt Sie nach Ungarn?

Deutsche Logistikunternehmen haben ein großes Interesse an der Zusammenarbeit mit Ungarn. Als Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik freue ich mich über die Delegationsreise mit der Logistics Alliance Germany. Der vertiefte Austausch zwischen deutschen und ungarischen Unternehmen ist uns wichtig.

Geht das Interesse eher von der Wirtschaft aus oder von der Politik?

Die Mitglieder der Logistics Alliance Germany  werden regelmäßig befragt, welche Märkte besonders im Fokus stehen und dabei kam heraus, dass Ungarn als attraktiv angesehen wird. Es sind bereits zahlreiche deutsche Unternehmen in Ungarn ansässig, auch viele Logistikunternehmen. Und es gibt offenbar noch Potential für weitere Geschäftsbeziehungen.

Welche konkreten Impulse erhoffen Sie sich von der Reise?

Wir führen Gespräche mit Unternehmen und Verbänden aus dem Bereich der Logistik, besuchen Unternehmen im Schienengüterbereich und in der Luftfahrt – und verschaffen uns auf diese Weise neue Eindrücke. Und natürlich gab es auch politische Gespräche. Die Rückmeldungen der Delegationsteilnehmer sind überaus positiv. Es sind neue Kontakte entstanden, die vielleicht auch zu neuen Geschäftsbeziehungen führen können.

Mit wem unterhalten Sie sich während Ihrer politischen Gespräche? Wer ist Ihr Ansprechpartner in der Regierung?

Wir waren beispielsweise beim Minister für Innovation und Technologie. Die Ressortverantwortlichkeiten sind in Ungarn ein wenig anders als in der Bundesregierung. Es gibt zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem ungarischen Ministerium für Innovation und Technologie viele wichtige Anknüpfungspunkte wie klassische Verkehrs- aber auch Digitalisierungsthemen, die für die Logistikunternehmen von Bedeutung sind.

Und um welche Themen ging es in Ihrem Gespräch mit dem Innovationsminister?

Es war für mich spannend zu hören, was die Ungarn alles auf der Agenda haben, beispielsweise zahlreiche gemeinsame Themen wie der Mobilfunkstandard 5G oder das automatisierte Fahren. Daran merkt man, dass deutsche Unternehmen sicherlich einen Beitrag dazu leisten können, dass Innovationen hier vorangetrieben werden. Wenn es um das automatisierte bzw. autonome Fahren geht, dann hängt das sicherlich auch mit den deutschen Herstellern zusammen, die in Ungarn tätig sind. Ebenso im Mobilfunkbereich mit der Deutschen Telekom. Deutschland und Ungarn sind Länder, die in der Mitte Europas liegen. Hier fließt viel Verkehr hindurch. Unser gemeinsames Interesse ist, dass der Verkehr gut vorankommt. Das heißt beispielsweise, dass Tank- und Ladestationen für alternative Antriebsformen auf allen Strecken verfügbar sind.  Da merken wir auch aus den Bewertungen der Europäischen Union große Unterschiede innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten. Daher ist es gut, wenn ein Land wie Ungarn diese Zukunftsthemen genauso entschlossen angeht.  Es gibt viele gemeinsame Ansätze und ähnliche Diskussionen wie zum Beispiel auch bei den 5G-Frequenzen. Da geht es um Fragen wie: Was kostet das alles? Was sind die Geschäftsmodelle? Und wie kann auch der ländliche Raum davon profitieren?

Wie wollen Sie die gemeinsame Ansätze verfolgen?

Wir haben vereinbart, dass wir uns auf ministerieller Ebene und auf Fachebene der Ministerien nochmals zusammensetzen, um uns über Erfahrungen auszutauschen. Natürlich soll es auch um Abstimmung gehen auf Ebene der Europäischen Union. Es gibt neben gemeinsamen Anliegen durchaus Themen, bei denen wir unterschiedliche Positionen haben. Im Speditionsbereich, wenn es um das mobility package geht, verfolgen die osteuropäischen Staaten z.B. andere Ziele als wir. Es ist wichtig, dass man möglichst viele gemeinsame Positionen findet und diese dann in Brüssel vertritt.

Die deutsch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen sind zwar sehr gut, um die politische Beziehung stand es schon einmal besser. Wie bewerten Sie die momentane Lage?

Gerade als wir den Tag der deutschen Einheit begangen haben und uns an unsere gemeinsame Geschichte mit Ungarn erinnerten, ist uns einmal mehr bewusst geworden, was wir Deutschen den Ungarn zu verdanken haben beim Fall der Mauer. Deshalb muss unser Interesse sein, wieder mehr zueinander zu finden. Vieles hat sich auseinanderentwickelt. Ungarn muss natürlich auch Kritik annehmen, die durchaus zu Recht geübt wird. Ich glaube es hilft, wieder verstärkt in den Dialog zu treten. Eine Rückmeldung, die ich erhalten habe war, dass man sich durchaus freut, wenn deutsche Politiker präsent sind.

Wird die Kritik, die Sie vortragen, angenommen?

Die Gespräche, die ich geführt habe, waren offen und gut. Dabei konnte ich durchaus auch Kritik äußern. Im Gegenzug musste ich mir natürlich auch die Kritik der Ungarn an unseren Positionen anhören. Es waren keine rein diplomatischen Gespräche, sondern welche bei denen durchaus auch die Problempunkte thematisiert werden.

Wie erleben Sie bei Ihren Gesprächen das Deutschlandbild? Ist das eher positiv oder negativ?

Ich hatte stets den Eindruck, dass Deutschland hier positiv gesehen wird. Allerdings ist uns auch nicht entgangen, wie sich ungarische Politiker zum Teil über Deutschland äußern. Ich finde es sehr bedauerlich zu sehen, dass dieses bis vor wenigen Jahren positive Image Kratzer abbekommen hat, weil auf europäischer Ebene ganz unterschiedliche Ansätze zur Migrationspolitik oder anderen Themen verfolgt werden. In der Politik hat das Deutschlandbild hier wahrscheinlich mehr gelitten als in der Bevölkerung.

Sprechen wir über die Themen, die Sie derzeit in Deutschland beschäftigen. Was steht für Sie momentan im Fokus?

Wir sind intensiv mit dem Abgas-Skandal und seinen Folgen beschäftigt. Wir schauen dabei nicht mehr zurück, sondern entwickeln Lösungen, die Mobilität auch in Zukunft ermöglichen. Einer meiner Schwerpunkte sind die Zukunftsthemen der Mobilität – von der Elektromobilität bis zu Flugtaxis. Zudem widme ich mich der digitalen Infrastruktur.

Den Diesel-Skandal haben Sie bereits angesprochen. Der Umgang der Bundesregierung hiermit wird häufig kritisiert. Wie bewerten Sie die Situation?

Leider wird in der aktuellen Diskussion viel vermischt oder einseitig beleuchtet. Beim Abgasskandal geht es um Autos, bei denen die Hersteller mit illegalen Methoden versucht haben, die Messungen auf dem Rollenprüfstand auszutricksen.  Für alle davon betroffenen Modelle haben wir einen  amtlichen  Rückruf angeordnet und die Hersteller verpflichtet, die Fahrzeuge in einen vorschriftenkonformen Zustand zu versetzen. Der Rückruf ist zu rund 97 Prozent abgearbeitet. Bei der Diskussion um Dieselfahrverbote und saubere Luft dagegen geht es nicht um Betrugsautos, sondern ganz überwiegend um Autos, die rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurden und die auch allesamt über eine gültige Zulassung verfügen. Das BMVI kann die Autoindustrie deshalb hier nicht verpflichten, die Fahrzeuge auf eigene Kosten nachzurüsten. Einige machen es sich hier auch zu einfach und vertreten einseitige Positionen. Wir haben als Bundesregierung die Aufgabe, die verschiedenen Interessen in Einklang zu bringen – die der Autofahrer, die auf ihr Fahrzeug angewiesen sind,  die der Anwohner, die saubere Luft möchten, die der Arbeitnehmer im Automobilbereich und auch  der Automobilhersteller. Wir möchten, dass Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben. Wir haben deshalb ein gutes Maßnahmenpaket beschlossen. Ziel ist es, Fahrverbote zu vermeiden, die individuelle Mobilität der Dieselfahrer zu gewährleisten, unangemessene Belastung für die Dieselbesitzer zu vermeiden und die Zukunft des Diesels zu sichern.

Nicht nur beim Thema Diesel geht es zurzeit heiß her, sondern auch in der CDU. Für die Partei ist es eine sehr stürmische Zeit. Wie steht es um Ihre Partei?

Wir sind die einzig verbliebene Volkspartei und wir sollten alles dafür tun, um es zu bleiben. Es sind keine einfachen Zeiten für unser politisches System und die Parteienlandschaft in Deutschland. Das sieht man auch an den Entwicklungen in Bayern, wo viele Parteien in den Landtag eingezogen sind. Wir erleben es im Bundestag, wo nun sechs Fraktionen mit bereits acht Parteien Abgeordnete stellen. All das macht die Zersplitterung unseres Parteiensystems deutlich. Es ist zugegebenermaßen für die derzeitigen Landtags-Wahlkämpfe nicht ganz einfach, wenn man eigentlich gute Wirtschaftsdaten vorzuweisen hat, aber die Demoskopen sagen, das spielt keine Rolle mehr bei Wahlentscheidungen. Sowohl Hessen als auch Bayern können gute Bilanzen vorlegen, aber es gibt andere Themen, die die Menschen beschäftigen. Es ist immer noch vorrangig die Flüchtlingskrise und ihre Folgen, aber sicherlich auch vieles Weitere. Leider tragen wir auch durch die Arbeit der großen Koalition zu den Problemen bei, da es zu viel Streit gibt. Ich hoffe sehr, dass jedem Verantwortlichen der Großen Koalition endlich bewusst wird, dass es für CDU, CSU und SPD keinen Vorteil bringt, wenn man stets nur den Streit sucht und sich immer nur gegenseitig angreift. Es wird gar nicht mehr transportiert, welche wichtigen Vorhaben bereits umgesetzt wurden. Wer hat schon mitbekommen, dass die Mütterrente erhöht wurde oder dass erneut ein ausgeglichener Haushalt beschlossen werden konnte, ebenso sieht es im Bereich Infrastruktur aus. Das geht alles unter, weil die Streitthemen die Diskussion bestimmen und ich hoffe sehr, dass nach den Landtagswahlen mehr Ruhe einkehrt und sich wieder alle auf die Arbeit besinnen. Ich denke, das ist die wichtigste Voraussetzung, um wieder erfolgreich zu werden bei Umfragen und dann auch Wahlen.

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MANUEL KOCH
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